Leerrohre vom Staat – Vodafone favorisiert staatliches Netzsystem
Der Internet- und Kabeldienstleister Vodafone hat nun eine neue Idee in den Raum gestellt. Anstatt dass die Unternehmen selbst ihre Infrastruktur durch erhebliche Tiefbaumaßnahmen errichten, soll der Staat Leerrohre zur Verfügung stellen, durch welche die Provider dann einfach nur noch ihre Leitungen ziehen.
Auf diese Weise wären nur noch einmal Tiefbauarbeiten erforderlich, sodass auch direkte Glasfaseranschlüsse an die Haushalte sehr viel einfacher realisiert werden könnten.
Von staatlicher Seite erhält der Konzern keinen Zuspruch, wobei auch vermutet wird, dass die Übernahme von Unitymedia bei dem Vorstoß eine wichtige Rolle spielen dürfte.
Dabei kommt dieses Thema allerdings nicht zum ersten Mal auf den Tisch.
Rohre der Republik, vereinigt euch
Im Grunde hatten wir das Ganze ja schon. Es gab ein staatliches Telefonnetz, welches von einer staatlichen Firma die Teil der Bundespost war, kontrolliert wurden. Andere Anbieter waren nicht zugelassen.
Daher steht die Annahme im Raum, dass sich wirklich niemand nach diesen Zeiten zurücksehnen würde. Falsch gedacht, denn eines der gewinnorientiertesten Unternehmen der Branche, möchte eine Veränderung genau in diese Richtung bewirken.
Die Rede ist vom Mobilfunk- und Internetkonzern Vodafone aus Düsseldorf, die nun einen drastischen Vorstoß von seiten der Bundespolitik fordern, um den Netzausbau deutlich zu beschleunigen. Zudem soll durch diesen Schritt der Wettbewerb gestärkt werden.
Konkret sehen die Gedanken so aus: Der Staat lässt aus irgendwelchen Gründen Tiefbauarbeiten durchführen und verlegt bei dieser Gelegenheit auch gleich die entsprechenden Leerrohre für Glasfaserleitungen.
Diese sind in verschiedenen Kammern unterteilt, durch welche später die eigentlichen Leitungen von diversen Zugangspunkten aus, gezogen werden können. Dabei vermietet der Bund diese Rohre an die Unternehmen, sodass quasi jeder Zugang zu seinen eigenen Glasfaserleitungen hat und diese auch direkt mit dem Anschluss des Kunden verbinden könnte.
Eine Stärkung des Wettbewerbes wäre somit mehr als gegeben und es könnten auch kleine Unternehmen Zugang zum Sektor erlangen.
Zu weit gedacht
Wer nun glaubt, dass es sich bei der Anregung von Vodafone um eine altruistische Geste handelt, der hat leider schon ein wenig zu weit gedacht. Zwar würde ein derartiges Netz allen Anbietern zugutekommen, allerdings würde auch Vodafone als größter Kabelnetzbetreiber davon profitieren.
Schließlich möchte man immer noch die Übernahme von Unitymedia in die Tat umsetzen, trotz der im Raum stehenden Bedenken der EU-Kommission. Ein solcher Vorschlag kommt an dieser Stelle gerade recht, denn das Unternehmen kann sich als offen für Konkurrenz und für den Wettbewerb darstellen. Schließlich trete man ja für die Rechte aller ein, so sehen die zumindest Experten der Branche.
Allerdings ist es nicht so einfach, denn schon Anfang des Monats machte Vodafone einen entsprechenden Vorschlag.
Der erste Gedanke überhaupt, der an ein solches Netz gehegt wurde, stammt aber schon aus dem Jahr 2008, als die Telekom zum Zwecke des schnelleren Netzausbaus eine vergleichbare Lösung präsentierte. Zwar weitestgehend nur in intern, aber immerhin.
Ein müdes Gähnen
Das wieder aufleben eines staatliches Netzes, sei es auch nur auf Basis von Leerrohren, ist auch für den Bund ein altes Thema. Schon Anfang der 2000er Jahre stand diese Frage zur Disposition – damals war noch nicht einmal die Telekom wirklich aus der staatlichen Obhut entlassen.
Allerdings hat die Bundesregierung, wie schon zu damaliger Zeit – kein Interesse an einer solchen Struktur.
Die Gründe sind klar, denn die Instandhaltung müsste aus Steuergeldern bezahlt werden, was die Pachtgebühren je Kilometer in unermessliche Höhen schnellen lassen würde.
Somit – so die Wettbewerbshütter des Bundeskartellamtes – würde sich an der jetzigen Situation nichts ändern, denn nur die vier großen Netzbetreiber, die aktuell auch an der laufenden 5G Auktion teilnehmen, hätten die nötigen monetären Mittel, um sich eine solche Infrastruktur aus staatlicher Hand leisten zu können.
Kleineren Firmen wäre somit der Zugang immer noch unmöglich bis sehr schwierig, wenngleich die Verfechter dieser Idee, auch ein sehr schwierig schon als deutliche Steigerung ansehen dürften.
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