Zurück zur staatlichen Kontrolle – Bund soll Mobilfunkmasten errichten
Deutschland ist in vielerlei Hinsicht Entwicklungsland, wenn es um die digitale Infrastruktur geht. Besonder im Mobilfunksektor krankt es immer noch an einer mangelnden Netzabdeckung, denn in manchen Regionen ist auch heute noch nur 3G oder noch schlimmer 2G verfügbar.
Die Telekom, Vodafone und o2, das waren bisher die großen Spieler auf dem Markt, doch nach Ansicht von Vertretern der Großen Koalition, sind sie ihrer Verpflichtung nicht gerecht geworden.
Nun fordern jene Kreise, dass der Bund selbst aktiv wird und die noch offen Lücken füllt.
Zu diesem Zweck soll der Staat selbst Masten errichten und diese dann an die Mobilfunkkonzerne gegen ein Entgelt verpachten. Vom Sinn und Unsinn einer Idee, die bald bittere Realität werden könnte.
Das staatliche Netz
Es ist noch gar nicht so lange her, da hatte die Telekom als Staatsunternehmen die absolute Hoheit über die Telefonnetze in der Republik.
Nun möchte die Große Koalition die Uhr anscheinend bis in diese Tage zurückdrehen und beim Ausbau des Mobilfunknetzes wieder auf eine staatliche Lösung setzen. So vernimmt man es derzeit zumindest aus diversen Kreisen von hochrangigen Koalitionsfunktionären, denen der Ausbau der Netze einfach nicht schnell genug voran geht.
Sie wollen die weißen Flecken auf der Karte füllen, indem der Bund selbst die erforderlichen Mobilfunkmasten errichtet und diese dann an die Anbieter der Mobilfunkdienste verpachtet. Wie genau eine solche Lösung logistisch und finanziell gestaltet werden kann, ist dabei noch nicht klar.
Tatsache ist, dass Deutschland in Sachen schnelles Mobilfunknetz ein Entwicklungsland darstellt. Andere Staaten wie beispielsweise der Nachbar Frankreich, kann mit einem fast lückenlosen Netz, selbst auf dem schwach besiedelten Land aufwarten.
Hier wurden dringende Investitionen nicht verschleppt, sondern zum richtigen Zeitpunkt getätigt. Auch bei den Preisen würden sich viele deutsche Kunden wundern, denn das Gigabyte Traffic ist dort schon für Centbeträge zu haben.
Gleiches wünscht sich auch der Bürger der Republik, weswegen die Mobilfunkkonzerne schon in jüngster Vergangenheit heftig in die Kritik geraten sind.
Realismus und Anspruch
Allerdings klaffen zwischen der Realität und dem Anspruch enorme Welten auf. Der Ausbau der Netze für ein flächendeckendes 4G Netz würde weitere Hundertemillionen von Euro verschlingen.
Das Problem stellt dabei nicht so sehr die Umrüstung der Infrastruktur dar, sondern vielmehr geeignete Standort für die neuen Anlagen zu finden. Diese müssen schließlich ans Stromnetz angebunden und zudem auch einer regelmäßigen Wartung unterzogen werden.
Hieraus entstehen hohe Kosten, die zu allererst der Bund aufgrund seiner derzeitigen Regelungen verschuldet hat. Anders als in den Nachbarstaaten müssen die Unternehmen hierzulande selbst nach den passenden Flächen suchen und auch die Stromversorgung aus eigener Tasche sicherstellen.
Dies rentiert sich aber nur, wenn im entsprechenden Gebiet auch ausreichend Nutzer vorhanden sind, die die Anlagen tatsächlich in Anspruch nehmen.
Genau dieser Umstand ist in den ländlichen Zonen meist nicht erfüllt, weshalb kaum ein Konzern dazu bereit ist beispielsweise auf dem dünn besiedelten Äckern Mecklenburg-Vorpommerns oder in den tiefen des Schwarzwaldes, entsprechende Masten errichten zu lassen.
Ein weiteres Hindernis sind die hohen Einspeisungs- und Durchleitungsgebühren der Bundesnetzagentur, denn der gesamte Traffic, der auf das Internet zugreift, muss ausschließ über die Netze der Telekom und somit den ehemaligen staatlichen Leiterbahnen abgewickelt werden.
Eine fatale Situation, die unter dem Gesichtspunkt aktueller Entwicklungen noch verschlechtert werden könnte.
Der Willkür ausgeliefert
So befürchten Kritiker des neuen Vorstoßes, dass der Staat oder vielmehr die auch für die neuen Sendemasten verantwortliche Bundesnetzagentur, bei einem entsprechenden Projekt zu tief in die Taschen der Konzerne langen könnte.
Selbst wenn diese die Pacht aufbringen würden, wären es in erster Linie die Kunden, die wiederum von einer massiven Preissteigerung betroffen sein würden. So schließt sich ein Teufelskreis, der sich in der deutschen Mobilfunkpolitik schon seit dem Ende der neunziger Jahre dreht.
Staatliche Funkmasten würden zudem zu sehr den Wettbewerb einschränken, denn es darf davon ausgegangen werden, dass der Bund nur den leistungsfähigsten Konzernen diese Anlagen zur Verfügung stellen würde.
Gegner eines solchen Vorhabens befürchten gar, dass die Telekom erneut eine Monopolstellung in diesem Segment erhalten könne, denn schließlich hält der Bund immer noch immense Anteile am Konzern.
Letztlich könnte also nur eine Änderung der bisherigen Politik dazu beitragen, dass auch in den abgelegensten Gegenden schnell und zu einem guten Preis, auf das Internet zugegriffen werden kann.
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